Petra Schneider vom Wabe e. V., einem Verein für „Gemeinschaftliche Wohnformen für Jung und Alt“, lud am 26.07.2019 zum gemeinsamen Spazierengehen in Heslach ein.
Vom Erwin-Schoettle-Platz ging es zum Lilo-Herrmann-Haus, einem linken Zentrum in der Böblinger Straße 105, das im September 2012 offiziell eröffnet wurde. Mehr als zwei Jahre zuvor gelang es politischen Aktivist*innen, das damals leerstehende mehrstöckige Haus zu erwerben, in dem ehemals das Mundarttheater Komödle sowie das schwäbische Restaurant Rebstöckle verortet waren. Die Beteiligten bekamen dabei Unterstützung vom Mietshäuser Syndikat, einem Verbund selbstverwalteter Hausprojekte. Daran schlossen sich die größtenteils selbstorganisierten und eigenständig durchgeführten Sanierungsarbeiten an. Im renovierten Gebäude befinden sich nun neben dem Café – VEB Südstern, einem Veranstaltungssaal sowie einem Infoladen, auch Büroräume und Wohngemeinschaften.
Die Namensgeberin des Zentrums, Liselotte „Lilo“ Herrmann (1909-1938), hat im Widerstand gegen den nationalsozialistischen Staat ihr Leben gelassen. Bereits während ihres Studiums in Berlin tritt sie für Demokratie und Freiheit ein. Später, in Stuttgart, leitet sie geheime militärische Informationen der Nationalsozialisten zu Kommunisten in die Schweiz weiter. Im Jahr 1935 folgt die Verhaftung und Inhaftierung. Eineinhalb Jahre später spricht der Volksgerichtshof Stuttgart sie schuldig. Ein weiteres Jahr vergeht, bis sie in Berlin exekutiert wird.
Im Sinne von Lilo Herrmann bietet das Haus einen Freiraum für Initiativen und Gruppen, die sich gegen Rassismus, Sexismus sowie Imperialismus wenden und stattdessen einen solidarisch-konstruktiven Umgang miteinander pflegen. Die Palette an beteiligten Bündnissen reicht von politischen Parteien, einer Frauengruppe bis hin zur Initiative Klassenkampf. Zudem bietet eine Volxküche jeden Samstag ab 20 Uhr vegetarisches und veganes Essen sowie Getränke zu günstigen Konditionen an.
Danach ging unser Spaziergang zurück zum Innenhof des Café Nachbarschafft im Generationenhaus Heslach. Unsere Gastgeberin Petra Schneider sprach dort über ihren persönlichen „Sechser im Lotto“. Damit verwies sie auf eine der fünf Wohnungen, die vom Wabe e. V. im Generationenhaus gemietet sind. Die einzige Bedingung hierfür ist eine Mitgliedschaft in ebendiesem gemeinnützigen Verein, der seit den 1990er Jahren besteht. Beim Besuch in ihrer geräumigen und modern gestalteten Wohnung im fünften Stock beeindruckt vor allem die schöne Aussicht über die sonnenbeschienenen Dächer von Heslach bis hin zu den bewaldeten Hügeln, die den Stuttgarter Kessel umgeben. Ein weiterer Pluspunkt ist das Generationenhaus an sich, das mit seinem Café und den vielen Veranstaltungen und Initiativen ein großartiges kulturelles Angebot präsentiert. Besonders im Alter oder im Krankheitsfall stellt sich die Frage: Wie wollen wir wohnen?
Das Generationenhaus Heslach gibt eine zukunftsfähige Antwort: in einem sozialen, hilfsbereiten Miteinander mit persönlich-kulturellem Austausch in gegenseitigem Respekt.
Betreffend ‚Heslach erleben‘: Im August ist Sommerpause.
Der nächste Stadtteilspaziergang findet am 27.09.2019 statt: „Heslach erleben“ beim Besuch des Bürger- und Gartenbauvereins Stuttgart Heslach e. V.