Im Rahmen der Veranstaltungsreihe „im nächsten Raum – Standpunkte zum erlebten Sterben in Wort und Bild“ des Palliativ-Netzes Stuttgart / Bürgerstiftung Stuttgart findet eine Autorenlesung mit Mirjam Heil statt:
„Caspar. Das Leben und Sterben eines Kindes“.
Am Freitag, 9. März 2018 um 20.00 Uhr im Rudolf Schmid Saal des Gebrüder Schmid Zentrums im Generationenhaus Heslach.
Davor führt die Fotografin Daniela Aldinger alias line mocké ab 19.00 Uhr durch ihre Fotoausstellung „Standpunkte zum erlebten Sterben in Wort und Bild“ im Café Nachbarschafft.
Die Ausstellung und Veranstaltungsreihe
Das Sterben und damit der Tod gehören zu unserem Leben. Es gibt niemanden, der im Laufe seines Lebens nicht mit dem Sterben von Angehörigen oder Freunden konfrontiert wird.
Die Veranstaltungsreihe „im nächsten Raum“ bringt Menschen zusammen, um sich den Themen Sterben, Tod und Trauer zu stellen – sie in die Öffentlichkeit zu tragen und so Räume für Begegnungen und den Austausch zu schaffen.
Die Autorin Mirjam Heil und „Caspar. Das Leben und Sterben eines Kindes“
Mirjam Heil ist 1963 in Fulda geboren. Nach einer Holzbildhauerlehre studierte sie Kunstgeschichte, Theater- und Literaturwissenschaft in Wien und Stuttgart. Seit 1995 arbeitet sie als Bühnenbildnerin und Kunstdozentin. 1992 gebar sie Caspar – ihr erstes Kind. Es starb im Alter von 7 Jahren und 7 Monaten am 10. März 2000.
Zum Inhalt von „Caspar. Das Leben und Sterben eines Kindes“
Schon während der Schwangerschaft tauchen die ersten Sorgen auf, dass das Kind sich nicht normal entwickeln könnte. Immer wieder fallen entscheidende Werte schlecht aus, doch stets gibt es Entwarnung und dessen ungeachtet wächst die Freude auf dieses Kind. Sehr früh findet sich auch schon ein Name, von beiden Elternteilen unabhängig voneinander gewählt: Caspar.
Doch nach der Entbindung wird zunehmend deutlich: irgendetwas stimmt nicht mit dem Kind. Die erste Diagnose, die im Raume steht, ist Mikrozephalie – nur keiner kann deutlich sagen, wie die Entwicklungschancen sein werden. Viele Untersuchungen finden statt, immer wieder folgen Krankheiten, die Caspar enorm schwächen. Er bleibt klein und extrem zart.
Dennoch macht Caspar eindeutige Entwicklungsschritte, lernt sprechen, gehen und scheint einen gesunden Lebenswillen zu haben. Die Sorge um das Kind – die Fürsorge – bewirkt, dass sich ein ganz besonders enges Schicksalsnetz um ihn herum bildet. Beide Elternteile mit ihren jeweils neuen Partnern, die Großeltern, andere Freunde und später auch die Eltern aus dem Kindergarten, den Caspar besucht, sie alle bilden die Hülle, die Caspar für seine Entwicklung, für sein Werden braucht. Es sind auch die Menschen, die das schwere Schicksal mittragen, als die endgültige Diagnose auf den Tisch kommt: Nijmegen Breakage Syndrom – eine extrem seltene Erbkrankheit, deren Verlauf in der Regel im Kindesalter tödlich endet.
Das Immunsystem ist äußerst schwach, oft kommt es zum Ausbruch eines Karzinoms, das dann nicht mehr aufzuhalten ist. Der Ausbruch eines Lymphdrüsenkrebses ist es dann auch, der den Lebenswillen und die Lebenskraft von Caspar versiegen lässt. Mit großer Gewissheit und viel Vertrauen geht er seinem Ende entgegen. Die Menschen, die um ihn sind, versuchen dabei stets abzuspüren, welche Handhabungen und Hilfestellungen dem Wesen von Caspar gerecht werden. Sie schaffen es, ihn in Frieden sein Leben beenden zu lassen. Sie haben die Kraft, das Schicksal anzunehmen und Caspar aus dem Erdendasein wieder zu entlassen.
Es ist berührend, ja tief bewegend, mit welcher Kraft Mirjam Heil das Leben ihres Kindes vor uns hinzustellen vermag. Ihre Sprache ist knapp und doch sehr dicht und manchmal fast humorvoll. Obwohl sie die Schwere des Leidens nicht beschönigt und ihren Schmerz, ihre Trauer und oft auch Wut beschreibt, hat doch diese Lebensskizze nichts Drückendes, Beklemmendes, Dunkles. Es ist eine besondere Leichte, fast Helle, die nach dem Lesen zurückbleibt, Ehrfurcht vor der Größe eines Schicksals und das Vertrauen, dass einem Kräfte wachsen können, solches zu tragen.
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