Gerd, der singende Busfahrer – Karaoke-Hits am laufenden Band

Allmonatlich ist Gerhard Klingler (geb. 1941), auch bekannt als Gerd, der singende Busfahrer, im Café Nachbarschafft im Generationenhaus Heslach präsent und unterhält seine zahlreichen Gäste mit Schlagern von gestern und heute. So auch am 13. März 2019, einem regnerischen Mittwochnachmittag, an dem er uns manch eine Anekdote aus seinem ereignisreichen Leben berichtet hat.


Ulf Menck (Gebrüder Schmid Zentrum – GSZ):  Guten Tag Gerd, herzlich willkommen im Café Nachbarschafft. Zum wievielten Male Karaoke?

Gerd:  Oh, das mach ich schon lange. Quasi seit es das Café hier gibt. Also seit ungefähr 2008 oder 2009. Aber Musik mach ich, seitdem ich 1941 in Kirchberg an der Jagst auf die Welt gekommen bin.

GSZ:  Wie fing alles an?

Gerd:  Also in meiner Jugend hab ich mit dem Gitarre spielen begonnen. Aber da musste man immer die ganzen Noten und Texte auswendig lernen. Darum bin ich bald auf Karaoke umgestiegen. Damals nannte ich mich noch Jerry Bell, mein Künstlername.

GSZ:  Und wie kam es dann zum singenden Busfahrer?

Gerd:  Mein Berufswunsch war seit jeher, Busfahrer zu werden. Und so ging ich 1969 zur SSB (Stuttgarter Straßenbahnen). Schlager hab ich nebenher natürlich trotzdem noch gesungen. Dafür hab ich mich hin und wieder krankmelden müssen. (lacht)

GSZ:  So wurden sie zum singenden Busfahrer. Sie sind ja auch ganz schön rumgekommen?

Gerd:  Jaja, das stimmt. Einmal war ich in Berlin bei dem Luftspringer Hans Rosenthal dabei, in seiner Sendung, wie hieß die nochmal?

Ein Gast:  Dalli Dalli.

Gerd:  Genau. Und mit Gotthilf Fischer war ich in Israel. Ingrid, wo waren wir noch?

Ingrid (Gerds langjährige Partnerin):  Wir waren in den 1980er Jahren zum Beispiel auf der Internationalen Funkausstellung in der Hauptstadt. Da hab ich Reinhard Meys Sohn auf dem Arm gehabt, als seine Fans auf ihn einstürmten, um ein Autogramm zu ergattern.

GSZ:  Beeindruckend. Wie kamen die Kontakte zustande?

Gerd:  Viel hab ich Waldemar Müller vom SDR (heute: SWR) zu verdanken. Ich war dort als Komparse und Statist angestellt. Der hat auch öfters gemeint: Komm Gerd, wir machen dich groß!

GSZ:  Als Schlagersänger?

Gerd:  Ja. Aber ich meinte, dass ich so bleiben will wie ich bin. Und die Hälfte der Gage hätte ich dann sowieso wieder abgeben müssen. (grinst)

GSZ:  Was für Schlager singen sie eigentlich am liebsten?

Gerd:  Ich sing alle Schlager. Querbeet. Auch Lieder übers Finanzamt, den Verkehr oder den Unterschied zwischen einer Frau und einem Hund. Nicht vergessen, ich bin auch ein Witzbold. Manchmal ändere ich die Texte ein bisschen um und mach ’ne eigene Interpretation draus.

Mittlerweile hat uns Ingrid ein Stück ihres selbstgemachten Schokokuchens gebracht. Der Kuchen gehört zur Karaoke dazu wie Gerds Stimme.

GSZ:  Was machen sie in ihrer Freizeit? Sie sind ja mittlerweile im Ruhestand.

Gerd:  Hab viel zu tun. Ich hab sieben Hobbies. Sechs und Fotografieren. (lacht) Also ich bin häufig in meinem Garten in Hedelfingen. Dort sing ich meine Lieder und die Vögel zwitschern mit.

GSZ:  Gleich gehts los. Sind Sie aufgeregt?

Gerd:  Nein, gar nicht. Ich bin routiniert.

Das Licht wird etwas gedimmt. Die Gäste, viele davon gehören zu Gerds Stammpublikum, schauen gespannt auf den Sänger sowie den Fernsehbildschirm, auf dem die Liedtexte zu lesen sind. Mit starker, fester Stimme eröffnet er mit einem Liebeslied von Peter Maffay die Karaoke-Session. Im Laufe dieser stimmt das Publikum einige Male in die Songs mit ein, einmal gesellt sich gar ein Mann mit Hut zu Gerd und singt am Mikro mit. Charakteristisch für Gerds Darbietung ist sein Schnalzen mit der Zunge und seine gute Laune. Mit Klassikern von Peter Alexander wie „Der Papa wird’s schon richten“ oder „Fräulein Wunderbar“ endet die fast 2-stündige Vorführung.

Der nächste Auftritt steht bereits fest: Wie gewohnt im Café Nachbarschafft. Jeder ist willkommen.

(Interview und Text: Ulf Menck)