Ein Interview mit Jaroslav Paterna (geb. 1950), langjähriger Mitarbeiter und jetzt im Ruhestand ehrenamtlich im Gebrüder Schmid Zentrum tätig – von Ulf Menck im Februar 2020
Ulf Menck (UM): Guten Tag, Herr Paterna. Schön, Sie hinter der Theke des Café Nachbarschafft im Generationenhaus Heslach zu sehen. Seit wann arbeiten Sie hier?
Jaroslav Paterna (JP): Schönen guten Tag! Im Café Nachbarschafft arbeite ich seit August 2019. Ich betreue hier die vier Flüchtlinge, die sich in einer Integrationsmaßnahme befinden, und gebe ihnen zudem allgemeine Unterstützung, denn ich habe Erfahrung in der Arbeit mit Flüchtlingen.
UM: Sie haben auch selbst Fluchterfahrung. Von wo und weshalb sind Sie in die Bundesrepublik emigriert?
JP: Ich komme aus Mähren, in der ehemaligen Tschechoslowakei. Das sogenannte Sudetenland war ethnisch immer gemischt. Ich habe sowohl tschechische als auch deutsche Vorfahren. Mit 14 war ich zum ersten Mal zu Besuch bei meiner deutschen Verwandtschaft. Das zweite Mal während des Prager Frühlings im Jahr 1968. Als ich damals zurück nach Tschechien kam, wurde mir mein Reisepass abgenommen. Dort galt ich nun als Konterrevolutionär, so dass ich meine damalige Stelle im Verteidigungsministerium verlor.
UM: Sie haben schlimme Repressalien erlitten?
JP: Ja, es war mir nur noch erlaubt, in die Länder des Ostblocks zu reisen. Mehr als zehn Jahre später, circa 1980, wurde mir erstmals wieder eine Einreise nach Deutschland bewilligt. Der Urlaub durfte aber nicht länger als zwei Wochen sein. Der deutsche Staat war da großzügiger, er erlaubte einen Aufenthalt von bis zu drei Monaten. Meine Bitte um Verlängerung beim tschechischen Konsulat stieß auf wenig Gegenliebe. Man machte mir Angst und sagte mir, dass ich mit dem Feuer spielen würde.
UM: Und wie haben Sie reagiert?
JP: Nun ja, ich bin hier in Deutschland geblieben, obwohl ich nicht mehr als einen Koffer mithatte.
UM: Wo haben Sie in Deutschland gearbeitet und ihr Geld verdient?
JP: Über das Regierungspräsidium Stuttgart bekam ich eine Stelle im Ausländerwohnheim in Wangen als Schreibkraft, es folgten weitere Tätigkeiten. Schließlich übernahm ich die Leitung des Wohnheims, eine Aufgabe, die mich forderte und mir viele Möglichkeiten bot, auch andere Hilfesuchende zu unterstützen. Mit der Erweiterung der Europäischen Union um mehrere osteuropäische Staaten 2004 kamen nur noch wenige Schutzsuchende nach Wangen, so dass das Wohnheim 2006 geschlossen wurde.
UM: Und dann?
JP: Dann bin ich 2006 ins Generationenhaus Heslach gekommen. Zur Unterstützung von Carola Haegele, die auch heute noch das Initiativ- und Koordinationsbüro im Gebrüder Schmid Zentrum leitet. Bis zur Rente hab ich vor allem die Raumorganisation für die verschiedenen Initiativen und Vereine übernommen.
UM: Was unternehmen Sie, wenn Sie mal Abstand vom Café brauchen?
JP: Ich reise gerne. Mein Lieblingsland ist Sri Lanka. Ich war schon 22-mal dort. Es ist klein, hat aber alles. Das Meer, wilde Tiere, tolle Parks und wirklich fantastisches Essen. Ich mag es, dort Ayurveda zu machen. In Sri Lanka habe ich meinen 70. Geburtstag gefeiert.
UM: Wollen Sie den Lesern abschließend noch etwas mitteilen?
JP: Ja. Die ehrenamtliche Arbeit im Café Nachbarschafft macht mir Spaß. Die meisten Gäste sind nett und freundlich. Alles sonstige wie hin und wieder vorkommende Meinungsverschiedenheiten oder andere Zwischenfälle gehören zum Leben mit dazu.