Demokratie als Herzensangelegenheit: Kommunaler Flüchtlingsdialog im Gebrüder Schmid Zentrum

Wie notwendig Kommunale Flüchtlingsdialoge für Menschen mit Fluchterfahrung und Ehrenamtliche, die sich mit Flüchtenden zusammentun, ist, hat sich sehr deutlich in den bisherigen World-Café-Dialogen im Gebrüder Schmid Zentrum als richtig und wichtig erwiesen.
Das zeigt auch die Dokumentation der im letzten Herbst und Winter gestarteten Veranstaltungen: https://gebrueder-schmid-zentrum.de/dialoge-fuehren-fluechtlinge-integrieren-wie-wollen-wir-kuenftig-zusammenleben/.

Nun wird das Gebrüder Schmid Zentrum die Kommunalen Flüchtlingsdialoge unter dem Leitgedanken „Demokratie als Herzensangelegenheit“ fortführen. Dabei steht die Idee, dass sich alle Generationen und Kulturen, alle Menschen mit und ohne Behinderung und unterschiedlicher Herkunft unter einem Dach begegnen und miteinander sowie voneinander lernen. Gefördert wird der Kommunale Flüchtlingsdialog im Gebrüder Schmid Zentrum vom Staatsministerium Baden-Württemberg und der Landeszentrale für politische Bildung im Rahmen des Programms „Flüchtlingshilfe durch Bürgerschaftliches Engagement und Zivilgesellschaft“.

 

 

 

 

Zu den Inhalten und Veranstaltungsterminen:
Das Gebrüder Schmid Zentrum führt am 13. Juni und am 26. Juni 2017 jeweils einen Kommunalen Flüchtlingsdialog zu „Demokratie ist Herzensangelegenheit“ durch, zu denen alle Bürgerinnen und Bürger herzlich eingeladen sind. Geflüchtete, Ehrenamtliche, Bewohner/innen im Generationenhaus Heslach und alle Nachbar/innen im Quartier sprechen im Stile eines World-Cafés gemeinsam über Demokratie, Dialog und Partizipation sowie die Gestaltung des gesellschaftlichen Zusammenlebens in Deutschland.

Am Dienstag, 13. Juni 2017 von 17.00 bis 19.00 Uhr wird schwerpunktmäßig über die jeweiligen Erfahrungen mit Demokratie und über Demokratie als Basis des Zusammenlebens diskutiert.
(Ort: Rudolf Schmid Saal im Gebrüder Schmid Zentrum)

Am Montag, 26. Juni 2017 von 15.00 bis 16.00 Uhr findet eine Führung durch den Landtag Baden-Württemberg statt.
(Treffpunkt: 14.15 Uhr im Café Nachbarschafft und gemeinsame Fahrt mit VVS)
Im Anschluss von 17.00 bis 19.00 Uhr wird wiederum der Kommunale Flüchtlingsdialog durchgeführt. Bei dieser Veranstaltung steht der Dialog sowie die individuellen Gestaltungsmöglichkeiten vor Ort im Vordergrund. Mit Unterstützung der Initiativgruppe Toastmasters Rhetorik-Club erlernen und probieren die Teilnehmer/innen in einem „Schnupperkurs“, wie ein Dialog geführt werden kann.
(Ort: Rudolf Schmid Saal)

Am Dienstag, 30. Juni 2017 von 18.00 bis 20.00 Uhr gibt es ein Abschluss-Treffen, bei dem die Ergebnisse beider Dialoge inkl. des Besuchs im Landtag gemeinsam ausgewertet werden. Ziel ist es, erste Ideen für einen stetigen Dialog zu sammeln und das Format gemeinsam mit allen Teilnehmer/innen zu entwickeln, um künftig 4x im Jahr einen Gesellschaftsdialog im Gebrüder Schmid Zentrum zu initiieren.
(Ort: Rudolf Schmid Saal)

Zur perfekten Planung braucht das Gebrüder Schmid Zentrum allen interessierten Bürger/innen, die dabei sein wollen, für die jeweiligen Veranstaltungen eine Anmeldung:
– per Telefon: 0711 216-80589
– per E-Mail: carola.haegele@stuttgart.de.


Im Vorfeld unserer weiteren Kommunalen Flüchtlingsdialoge „Demokratie als Herzensangelegenheit“ bekamen die ehrenamtlich Engagierten im Gebrüder Schmid Zentrum als auch Ehrenamtliche, etliche mit Fluchterfahrung, die im Freundeskreis Flüchtlinge Süd und im Flüchtlingscafé aktiv sind, einen Einblick in unsere Demokratie – beim Besuch am 12. Mai 2017 im Landtag Baden-Württemberg.

Sabine Böhringer skizziert ihre Erfahrungen und Erlebnisse: 
»Frau Kirsten vom Besucherdienst begrüßt unsere bunt gemischte Gruppe von Haupt- und Ehrenamtlichen aus allen Kulturen - etwa die Hälfte sind Menschen mit Fluchterfahrung und noch nicht allzu lange in Deutschland. Nachdem sie sich vergewissert hat, dass einige von uns noch mit der deutschen Sprache "kämpfen", redet sie erfreulich langsam, klar und deutlich. Sie beginnt im Foyer des Landtags damit, dass sie erklärt, warum die Gebäudefassade nach dem Umbau komplett verglast ist. Nach den Schrecken des zweiten Weltkriegs war es wichtig, durch die Architektur symbolisch Werte wie Transparenz und Offenheit aufzuzeigen - das Selbstverständnis einer Demokratie auch im öffentlichen Raum zu dokumentieren. Außerdem mussten die Bedürfnisse sowohl der Badener wie auch der Baden-Württemberger im Gebäude architektonisch bedacht sein und sich im gemeinsamen Landtag vereinen. Die Materialien des Gebäudes repräsentieren durch ihre Herkunft ebenfalls die beiden Länder, z. B. in den Steinplatten auf Boden und Wand oder in den echten Fossilien aus Holzmaden, die in die Wand neben der Treppe eingearbeitet sind.  Ein paar Zahlen und Fakten: Der Landtag wurde 1952 erbaut, 2012 feierten die Baden-Württemberger sein 60jähriges Jubiläum. In den letzten Jahren wurde er komplett renoviert und modernisiert. Wir erfahren, dass die Büros der Parteien nicht hier im Gebäude sind, sondern in der direkten Umgebung in Stuttgart-Mitte verteilt sind und die Parteimitglieder teilweise über unterirdische Gänge direkt in das Landtagsgebäude gelangen können. Wir sehen gegenüber die Landesbibliothek und eine direkt ans Gebäude anschließende Baustelle. Dort wird derzeit ein Bürger- und Medienzentrum gebaut, das die Bürger näher an Landtag und Politik heranbringen und Demokratie vermitteln soll. Das Zentrum wird am 24. Juni 2017 eröffnet - alle Bürgerinnen und Bürger sind eingeladen. Es wird somit bei unserem nächsten Landtagsbesuch zum Flüchtlingsdialog am 26. Juni für die Teilnehmer/innen zu besichtigen sein. Wir besuchen den Plenarsaal, den wichtigsten Saal im Landtag, wo auch die Wahlen stattfinden. Hier treffen sich die Abgeordneten an durchschnittlich 2,5 Tagen im Monat. Dieser Raum war vor der Renovierung noch völlig abgetrennt, um die Politiker zu schützen - jetzt ist er frei zugänglich, ein offener Raum, so, wie das, was darin passiert, auch öffentlich ist. Jeder kann dazusitzen, und jeder kann die Sitzungen im Internet oder im Fernsehen verfolgen. Demokratie wird also hautnah erlebt! Und: Von jedem der insgesamt 160 Plätze kann man nach oben hinausschauen und ein Stück Himmel erkennen. Um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie straff alles organisiert sein muss, führen wir spielerisch mit Hilfe von Frau Kirsten eine Wahl durch, bestimmen einen Präsidenten und zwei Schriftführer und wählen - nach dem Sitzplan der Parteien - unseren 'eigenen' Ministerpräsidenten. So erfahren wir auch, dass es eine feste Sitzordnung gibt für die Parteien und ihre Mitglieder, feste Regeln und festgelegte Redezeiten, die gerecht und gleichmäßig auf die Parteien verteilt sind. Der Präsident wacht wie ein Schiedsrichter über den festen Rahmen des Geschehens und er verkündet auch die Wahlergebnisse. Die Rolle des Präsidenten hat die Chefin des Landtags inne, derzeit Muhterem Aras, die hier im Plenarsaal mehrere Funktionen und Plätze vertritt. Nach der Führung geht es wieder zurück ins Gebrüder Schmid Zentrum zum gemeinsamen Essen im Feiergarten. Maryam, eine Ehrenamtliche aus Afghanistan, hat für uns leckeren Reis mit Rosinen gekocht und Salat aus Kräutern wie Minze und Majoran vorbereitet. Beim Genuss des herrlichen Gerichts werden die Eindrücke der Führung ausgetauscht, Kontakte hergestellt, man lernt sich kennen oder kennt sich bereits und kommt sich ein Stück näher. Die Erkenntnisse, die vor allem unsere ausländischen Mitbürger/innen - großteils zum ersten Mal - im Landtag an 'praktizierender' Demokratie gewinnen konnten, zeigen, wie wichtig es ist, dass Menschen mit Migrationshintergrund und aus anderen Kulturen ein Verständnis für unser politisches, jedoch mehr noch, für unser gesellschaftliches Leben entwickeln können. Wie umgekehrt auch wir als einheimische Bürger und Bürgerinnen im gemeinsamen Gedankenaustausch andere Kulturen und gesellschaftliche Strukturen und Formen verstehen lernen. Der Tag hat gezeigt, dass die Grenzen der Kulturen und Generationen verschwimmen, jeder ist willkommen und eingebunden. Deshalb ist hier auch der perfekte Ort für regelmäßige Gesellschaftsdialoge, ein guter Ort, um sich zu öffnen und sich auszutauschen. Ein Ort, wo sich jeder auch ein Stückchen zu Hause fühlen kann. Es ist einfach immer wieder schön, Teil dieser bunten Vielfalt im Gebrüder Schmid Zentrum zu sein.«

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